Der Stasibunker Machern in Sachsen
Nur wenige Kilometer östlich von Leipzig können sie das Naturschutzgebiet Lübschützer Teiche erkunden. Am Ortsrand des kleinen Städtchens Machern mit seinem hübschen Schloss hatten sich wahrscheinlich daher viele Großstädter entschieden, eine „Datsche“ zu bauen, um jene schöne Landschaft an den Wochenenden genießen zu können.
Am Rand dieser Bungalowsiedlung stehen halbverfallene Anlagenteile der ehemaligen Wasserwirtschaft Leipzig. Doch all das täuscht; es ist eine versteckte geheimdienstliche Anlage des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR mit höchster Priorität. Unter der Erde befindet sich die Ausweichführungsstelle der Bezirksverwaltung Leipzig des MfS für den Tag „X“. Die Bunkeranlage wurde unter höchster Geheimhaltung 1968 – 72 errichtet und sollte in einem Ernstfall 100 – 120 hauptamtliche Mitarbeiter der BV Leipzig und 2 weitere des befreundeten KGB Sicherheit bieten, um als Kommandozentrale fungieren zu können. Der 5,2 ha große Komplex diente ausschließlich dem Machterhalt des MfS und damit der SED im Falle einer Auseinandersetzung, sei es im Inneren der DDR oder in einem Krieg mit anderen Staaten. Die Ausstattung dieses unterirdischen Monsters lässt einen jeden nüchtern denkenden Menschen erschaudern. Für alle eventuell stattfindenden Angriffsarten war Vorsorge getroffen worden, ob konventionell, chemisch oder nuklear – die Bunkerinsassen sollten hier 4 Wochen ausharren können. Die BV Leipzig beschäftigte einst mit ihren Kreisdienststellen 2401 hauptamtliche und tausende „informelle“ Mitarbeiter. Auch für die KD-Mitarbeiter waren in unscheinbaren, zivilen Objekten auf dem Lande Ausweichdienststellen vorgesehen, wovon nicht einmal die Besitzer etwas wussten.
Ob die Bunkerinsassen ein Inferno überlebt hätten, ist zweifelhaft. Die Anlage war nur für 12 Stunden Überbrückung ausgelegt. Die Inbetriebnahme erfolgte auf einen 1973 von General Erich Mielke erlassenen streng geheimen Sonderbefehl. Diese Anlagen, in allen Bezirken vorhanden, verschlangen Millionen DDR-Mark, die anderswo der Wirtschaft fehlten. Die Baukosten für den Stasi-Bunker Machern werden auf 1,2 Mio. geschätzt.
Diese Anlage geriet nach der „Wende“ regelrecht in Vergessenheit, die STASI gab es nicht mehr. Das unterirdische Objekt suchten mehrfach ungebetene Besucher heim, schlachteten es aus und verursachten hohe Bauschäden. Einer Initiative aktiver Geschichtsfreunde ist es zu verdanken, dass diese Ausschlachtung eines einzigartigen Geschichtsdenkmales gestoppt werden konnte. Um es möglichst wieder in den originalen Zustand mit der entsprechenden, teils nun schon fehlenden Ausrüstung zu bringen, wurde es mit noch vorhandener Technik aus anderen Objekten ergänzt.
Die Anlage sollte rein militärischen Zwecken dienen. Alle Räume waren funktionell, schlicht eingerichtet. Nur der Raum des Leiters der BV Leipzig, Generalmajor Hummitzsch, ist etwas „wohnlich“ ausgestattet. Ob die Frage der im Bunker untergebrachten Mitarbeiter in den Köpfen schwirrte, was wohl mit ihren Familienangehörigen draußen inzwischen passiert ist, werden wir nie beantwortet bekommen.
Im Inneren des Bunkers wurde die Struktur der „Firma“ konsequent eingehalten. Es gab besonders abgesperrte Bereiche, die eine äußerste Geheimhaltung gewährleisteten. Auch die Sendeanlagen der Nachrichten waren weit entfernt des Bunkers gut getarnt so untergebracht, dass sie im Falle eines Angriffes nicht getroffen werden und damit funktionieren konnten.
Eine Empfehlung: Die Bunkeranlage ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Sie ist mehr als ein schlichtes Denkmal deutscher Geschichte. Sie dokumentiert auf anschauliche Weise die Denkweise von Politikern und Militärs, hat nichts an Aktualität verloren. 2016 konnte sie ihr 20-jähriges Jubiläum feiern. Sie wird betreut und geleitet von der „Runden Ecke“ Leipzig, dem Haus der ehemaligen BV des MfS. Geöffnet ist sie jedes letzte Wochenende des Monats oder nach Vereinbarung.
Anschrift
Stasibunker Machern
04827 Machern
Lübschützer Teiche
0341 / 9612443
E-Mail senden
www.runde-ecke-leipzig.de